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Morbus Wilson: Pharmakokinetische Spezifika von zwei Präparaten und deren mögliche Auswirkungen auf den Therapieerfolg

Weigand K & Corsini A
J Med Drug Rev 2022;12: 1-8

Abstract

Dem Morbus Wilson liegt ein genetischer Defekt des Kupferstoffwechsels zugrunde, wodurch es zu einer toxischen Akkumulation von Kupfer vor allem in Leber und Gehirn kommt. Im symptomatischen Stadium stehen als Therapeutika die oralen Kupferchelatbildner D-Penicillamin und Trientin zur Verfügung. D-Penicillamin wird von den Leitlinien als erste Option empfohlen. Treten unter dieser Therapie schwere Nebenwirkungen auf, wird auf das besser verträgliche Trientin umgestellt. Bei allen zur Therapie des Morbus Wilson zugelassenen Arzneimitteln wird die enterale Resorptionsrate des Chelatbildners durch Nahrungsaufnahme deutlich reduziert, sodass die Patienten strenge Abstandsregeln zu den Mahlzeiten einhalten müssen. Da Trientin zudem in 2 – 4 Einzeldosen über den Tag verteilt einzunehmen ist, können daraus für den Patienten organisatorische Herausforderungen und Adhärenzprobleme erwachsen. Zwischen den beiden in der EU zentral zugelassenen Trientin-Präparaten Cuprior®(Trientin-Tetrahydrochlorid) und Cufence® (Trientin-Dihydrochlorid) gibt es allerdings pharmakokinetische Unterschiede, die im Patientenalltag durchaus relevant sein können. Zwar haben beide Trientinsalze den gleichen Wirkmechanismus, doch wird das Tetrahydrochlorid (Trientin 4HCl) aus der Formulierung deutlich schneller freigesetzt und besser resorbiert als das Dihydrochlorid (Trientin 2HCl). Daraus ergibt sich für Trientin 4HCl eine höhere Bioverfügbarkeit, was wiederum die einzunehmende Dosis und damitdie Zahl der Tabletten für die Patienten reduziert. Bereits 30 Minuten nach Einnahme von Trientin 4HCl werden 73 % des maximalen Plasmaspiegels erreicht, nach Einnahme von Trientin 2HCl lediglich 21 %. Dies deutet darauf hin, dass eine unzureichende Einhaltung des 1-stündigen Abstands zu einer nachfolgenden Mahlzeit bei Behandlung mit Trientin 4HCl geringere Auswirkungen auf die Wirkstoffexposition und damit das Ausmaß der Kupferelimination haben könnte. Schlussfolgerung: Wirkstofffreisetzung, Resorption und Einfluss von Nahrung auf die Bioverfügbarkeit sollten berücksichtigt werden, um sich für die vorteilhaftere Trientin-Formulierung entscheiden zu können, denn die Serumkonzentration des aktiven Wirkstoffs bestimmt letztendlich die Wirksamkeit der Therapie.

Pharmakokinetik von zwei Trientin-Präparaten

Pharmacokinetics of two trientine preparations

 

Abstract

Wilson's disease (WD) is caused by a genetic defect in copper metabolism, which leads to toxic accumulation of copper, especially in the liver and brain. In the symptomatic stage, the oral copper chelating agents D-penicillamine and trientine are approved therapeutic agents. D-penicillamine is recommended by the guidelines as the first option. In case of severe side effects, which often occur with this therapy, treatment is switched to the better tolerated trientine. For all approved WD therapies, enteral absorption of the chelating agent is significantly reduced by food intake, so patients must follow strict meal spacing rules. In addition, because trientine must be taken in 2 – 4 divided doses distributed over the day, this can create organizational challenges and pose adherence problems for patients. However, there are pharmacokinetic differences between the two trientine preparations centrally authorised in the EU, Cuprior® (trientine tetrahydrochloride) and Cufence® (trientine dihydrochloride), which may be important in everyday practice. Whilst both trientine salts share the same mode of action, the tetrahydrochloride (trientine 4HCl) formulation has a faster dissolution rate and more efficient absorption compared with trientine 2HCl, resulting in a higher bioavailability. This in turn may reduce the total daily dose needed and thus the pill burden for the patient. As early as 30 minutes after ingestion of trientine 4HCl, 73 % of maximum plasma levels are reached, compared with only 21 % after ingestion of trientine 2HCl. This suggests that unplanned food intake before the recommended interval following ingestion of trientine may have a lower impact on drug exposure and thus the extent of copper elimination with trientine 4HCl compared with trientine 2HCl. In conclusion, drug dissolution, absorption and food effect on bioavailability should be taken into account to be able to opt for the more advantageous trientine formulation because serum concentrations of the active moiety ultimately influence potency and efficacy.