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Sind Langzeitnitrate bei Angina pectoris medizinisch noch gerechtfertigt?

Müller-Löbnitz C
J Med Drug Rev 2014;4:53–65

Abstract

Hintergrund: Nitrate werden in der Praxis sowohl zur raschen Linderung akuter Angina pectoris-Symptome als auch zur langfristigen Vermeidung ischämischer Beschwerden routinemäßig eingesetzt. Bei Langzeit-Nitrattherapie drohen jedoch Nitrattoleranz und unzureichende Wirksamkeit. Außerdem sind die prognostischen Auswirkungen kritisch.

Methodik: Diese Übersicht analysiert die vorliegende Literatur zur Langzeit-Nitrattherapie unter besonderer Berücksichtigung von Belastungsdauer, Wirksamkeit bei mikrovaskulärer Angina pectoris und harter Endpunkte wie der Langzeit-Mortalität.

Ergebnisse: Für den Endpunkt Belastungsdauer wurde bisher nur eine aktuelle randomisierte, placebokontrollierte Studie publiziert. In dieser Studie steigerte Pentaerithrityltetranitrat (PETN) die Belastungsdauer von Patienten mit chronischer stabiler Angina pectoris im Vergleich zu Placebo nicht. Eine große polnische Untersuchung zeigte, dass viele Patienten trotz Nitrat-Langzeittherapie weiter symptomatisch sind. Mehrere kleinere Untersuchungen demonstrierten, dass Nitrate bei mikrovaskulärer Angina pectoris keinen oder nur einen unzureichenden Effekt auf Symptomatik und Belastbarkeit haben.
Für die Beurteilung längerfristiger Nitrateffekte (> 1 Jahr) liegen eine randomisierte Studie sowie Post hoc-Analysen der Nitrateffekte aus mehreren größeren Studien vor (u. a. MDPIT, ATLAS). In den Analysen wurde konsistent eine Steigerung der kardialen Mortalität unter längerfristiger Nitrattherapie beobachtet (bis zum 4-fachen). Die Langzeit-Nitrattherapie war ein unabhängiger Risikofaktor für erhöhte Gesamtmortalität und kardiale Mortalität.
Eine besondere Gefährdung besteht möglicherweise für Angina pectoris-Patienten mit Diabetes mellitus und mit mikrovaskulären Gefäßveränderungen. Bei diesen Patienten addieren sich diabetes- und nitratbedingte Endothelschäden. Hinzu kommt häufig ein reduzierter Nitrateffekt.

Schlussfolgerungen: Bei Patienten mit manifester koronarer Herzkrankheit und Angina pectoris ist eine Dauertherapie mit lang wirkenden Nitraten häufig unzureichend und mit erheblichen Langzeitrisiken verbunden. Alternativen zur Langzeit-Nitrattherapie bei Angina pectoris sind bereits verfügbar und sollten verstärkt in Betracht gezogen werden. Die Wahl des Antianginosums bei Angina pectoris sollte sich an der zugrunde liegenden Ursache orientieren.

Review Lanngzeitnitrate.pdf

Are long-acting nitrates still medically justified in patients with angina pectoris?

Abstract
Background: Nitrates are generally used in medical practice to relieve acute angina pectoris symptoms rapidly as well as to prevent ischemic symptoms in the long-term. However, long-term nitrate treatment is compromised by nitrate tolerance and insufficient efficacy. In addition, the impact on the outcome is unclear.

Methods: This review analyses the available literature regarding long-term nitrate treatment especially considering exercise duration, efficacy in microvascular angina pectoris and hard endpoints such as long-term mortality.

Results: Only one randomised, placebo-controlled study investigating the endpoint exercise duration was published. In this study, pentaerithrityltetranitrat (PETN) did not increase the exercise duration in patients with chronic stable angina pectoris. A large Polish investigation showed that many patients remain symptomatic despite treatment with long-acting nitrates. Several smaller investigations demonstrated no or only insufficient nitrate effects on symptoms and exercise tolerance in patients with microvascular angina. One randomised study as well as several post-hoc analyses of nitrate effects in larger studies (e.g. MDPIT, ATLAS) are available to assess long-term (>1 year) nitrate effects. These analyses consistently observed a cardiovascular mortality increase in patients receiving long-term nitrate treatment (up to the fourfold). Long-term nitrate treatment was an independent risk factor for increased overall and cardiac mortality.

Angina pectoris patients with diabetes mellitus and microvascular vessel damage might have a special risk due to the addition of diabetes and nitrate associated endothelial damage. In addition, the nitrate effect is frequently reduced.

Conclusions: Maintenance treatment with long-acting nitrates has frequently insufficient efficacy in patients with symptomatic coronary artery disease and is associated with considerable long-term risks. Alternatives to long-acting nitrates are already available and should be considered more frequently. The choice of anti-angina drugs in angina patients should be based on angina pathogenesis.